Meine keine Familie

Ulrich Wimmeroth - Meine keine Familie - Filmabriss

Filmkritik Meine Keine Familie – von Ulrich Wimmeroth – erschienen auf www.filmabriss.com

Eine ganz persönliche Abrechnung mit der eigenen Kindheit und ein faszinierender Blick hinter die Kulissen einer der größten Kommunen Europas. 1970 von dem österreichischen Künstler und Querdenker Otto Mühl in Wien gegründet, bestand die Kommune Friedrichsdorf bis zum Jahr 1990. Nicht unüblich für die gesellschaftlichen Experimente der 1970er Jahre standen freie Sexualität, der Verzicht auf Privateigentum und feste Beziehungen, sowie die gemeinschaftliche Arbeit und Kindererziehung im Vordergrund. Mühl, für die meisten Kinder die Vaterfigur, wurde 1991 wegen Unzucht mit Unmündigen verurteilt.

 

Aber in dem mit dem Wiener Dokumentarpreis ausgezeichneten Werk geht es nicht um die Skandale und persönlichen Verfehlungen einer zugegeben charismatischen Person. Vielmehr arbeitet der 1979 geborene und in der Kommune aufgewachsene Paul-Julien Robert seine Kindheit und Jugend auf Friedrichshof akribisch auf. Wie es den Kindern ergangen ist, die anders als die leiblichen Eltern, keine Wahl hatten, die Form der Familie zu wählen – das ist das Thema dieser bewegenden Dokumentation.

 

Meine keine FamilieAnhand von erstmals der Öffentlichkeit zugängigem Filmmaterial (in Friedrichsheim wurde das Leben ausgiebig auf Film festgehalten), seinen eigenen Erinnerungen und Empfindungen, Interviews mit anderen Kommunarden, sowie dem als roter Faden dienenden Gespräch mit seiner leiblichen Mutter zeichnet Robert ein Leben nach, das vielen vollkommen fremd erscheint. Väter waren meist nicht vorhanden, denn Sexualität hatte keine Folgen wie etwa Verantwortung für ein Kind. Mütter oftmals im Ausland unterwegs – alles kein Problem, auf Friedrichshof waren immer genug Ersatzeltern da.

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